Werbung bei Bestandskunden

Datenschutz verstehen –  Werbung bei Bestandskunden

Einleitung

Bestandskunden sind für viele Unternehmen eine wertvolle Zielgruppe. Sie kennen das Unternehmen, haben bereits Erfahrungen mit den Produkten oder Dienstleistungen gesammelt und stehen in der Regel einer erneuten Kontaktaufnahme offen gegenüber – vorausgesetzt, diese ist relevant und datenschutzkonform. Doch wie können Unternehmen Werbung bei Bestandskunden sinnvoll und rechtlich einwandfrei gestalten? Dieser Blogbeitrag gibt Einblicke in die wichtigsten Datenschutzaspekte und zeigt, wie Unternehmen von einer gezielten Ansprache profitieren können.

Was bedeutet Werbung?

Eine Definition für Werbung findet sich in der EU-Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung (Richtlinie 2006/114/EG). Danach ist „Werbung” jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern. Der Werbebegriff wird dabei weit verstanden und erfasst ist nicht nur die sogenannte Angebotswerbung, sondern auch Nachfragehandlungen, Umfragen oder Gutscheinzusendungen.
Auch die Werbung muss sich auf eine Rechtsgrundlage stützen. Grundsätzlich können sich Verantwortliche bei der Werbung auf ihr berechtigtes Interesse gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO berufen. Danach wird es als berechtigtes eines Verantwortlichen Interesse angesehen, für seine Produkte und Dienstleistungen Werbung mit dem Ziel zu machen, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern. Jedoch sind bei Werbung insbesondere die strengen Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu beachten. Das Gesetzt formuliert genaue Vorgaben, unter welchen Bedingungen Werbung zulässig ist. In der Regel ist eine Einwilligung der betroffenen Person erforderlich. Von dieser Regel gibt es einzelfallabhängige Ausnahmen, insbesondere in Bezug auf Bestandskund*innen.

Was bedeutet Werbung bei Bestandskunden?

Bestandskundinnen und Bestandskunden sind häufig sehr wichtig für den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens und machen einen großen Teil des Umsatzes aus. Die zahlreichen Vorteile für die gezielte und datenschutzkonforme Ansprache von Bestandskunden liegen auf der Hand:

  • Relevante und personalisierte Werbung stärkt die Beziehung zu Ihren Kunden.
  • Die Ansprache von Bestandskunden ist in der Regel kostengünstiger als die Neukundengewinnung.
  • Bestandskunden sind oft empfänglicher für gezielte Werbung, da sie bereits eine Beziehung zum Unternehmen aufgebaut haben.
  • Unternehmen, die den Datenschutz ernst nehmen, gewinnen das Vertrauen ihrer Kunden und heben sich positiv von der Konkurrenz ab.

Gerade weil dieser Kundenstamm so bedeutsam für Unternehmen ist, stellt sich häufig die Frage nach den zulässigen Werbemaßnahmen gegenüber den Bestandskundinnen und Bestandskunden. Aber was sind eigentlich Bestandskund*innen und was versteht man unter Bestandskund*innenwerbung?

Bestandskund*innen sind Personen, mit denen bereits eine vertragliche Beziehung besteht oder bestanden hat. Darunter fällt auch eine ausgeführte Bestellung als „Gast“. Ein vorvertragliches Vertragsverhältnis hingegen ist nicht ausreichend. Praktisch heißt das, dass der Verantwortliche die E-Mail-Adresse, die Postanschrift oder die Telefonnummer des Empfängers im Rahmen eines Verkaufes einer Ware oder Dienstleistung von ihm erhalten haben muss. Bestandskund*innenwerbung umfasst alle Marketingmaßnahmen, die sich an bereits bestehende Kunden eines Unternehmens richten. Dies kann in Form von E-Mails, Postsendungen, personalisierten Angeboten oder Cross-Selling-Kampagnen erfolgen.

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Rechtliche Grundlagen: DSGVO und UWG im Fokus

Die wichtigsten datenschutzrechtlichen Vorgaben für die Werbung gegenüber Bestandskund*innen in Deutschland machen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Unternehmen dürfen personenbezogene Daten nur verarbeiten, wenn eine rechtliche Grundlage besteht. Im Kontext der Bestandskundenwerbung ist dies oft der Vertrag oder ein berechtigtes Interesse. In einigen Fällen ist jedoch eine Einwilligung erforderlich. Nach Art. 2 lit. h der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr ist eine Einwilligung “jede Willensbekundung, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt”. Die Einwilligung kann auch konkludent erfolgen.

Zudem müssen die Informationspflichten aus Art. 12 ff. beachtet werden. Die Kund*innen müssen zum Zeitpunkt der Datenerhebung, beispielsweise wenn das Unternehmen die E-Mail-Adresse erhält, in transparenter, präziser und einfach verständlicher Sprache über Folgendes informiert werden:

  • Name und Kontaktdaten des/der für die Verarbeitung Verantwortlichen
  • Zu welchen Zwecken die Daten verarbeitet werden
  • Beschreibung des berechtigten Interesses, wenn die Rechtsgrundlage Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO ist
  • Empfänger*innen der Daten
  • Übermittlung der Daten ins Ausland (insbesondere außerhalb der EU)
  • Dauer der Datenverarbeitung
  • Betroffenenrechte
  • Gesetzliche oder vertragliche Verpflichtung zur Bereitstellung der Daten
  • Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung, einschließlich Profiling
  • Gegebenenfalls die Kontaktdaten des/der Datenschutzbeauftragten

Bestandskund*innen haben insbesondere jederzeit das Recht, der Nutzung ihrer Daten für Werbezwecke zu widersprechen. Dieses Recht muss leicht zugänglich gemacht sein und der Werbetreibende muss die Bestandskund*innen bei jeder Kontaktaufnahme auf dieses Recht hinweisen.

Besonderheiten bei Telefonwerbung

Telefonwerbung ist ein effektiver Weg, um Bestandskunden direkt zu erreichen, birgt jedoch besondere rechtliche und praktische Herausforderungen.

Das Wichtigste in Kürze:

1. Es muss für Verbraucher*innen und andere Unternehmen eine ausdrückliche Einwilligung eingeholt werden.
Bei anderen Unternehmen ist gem. § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG zwar auch eine mutmaßliche Einwilligung ausreichend, den Ansprüchen der DSGVO genügt dies allerdings nicht. Die DSGVO fordert eine eindeutig bestätigende Handlung und differenziert dabei nicht zwischen Verbraucher*innen und Unternehmen.

2. Die Rufnummer muss für die Person, die angerufen wird, sichtbar sein.

3. Kunden, die explizit keinen weiteren Kontakt wünschen, müssen in internen Sperrlisten erfasst und entsprechend blockiert werden.

Die Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie in Kenntnis der Sachlage und für den konkreten Fall erklärt wird. Dies setzt voraus, dass die Person hinreichend auf die Möglichkeit von Werbeanrufen hingewiesen wird und weiß, auf welche Art von Werbemaßnahmen und auf welche Unternehmen sich seine Einwilligung bezieht. Die Einwilligung gilt daher auch nur für die Werbemaßnahmen, über die informiert wurde. Liegt keine Einwilligung vor, kann bereits ein Anruf als unzumutbare Belästigung gelten. Zudem muss die Einwilligung nachgewiesen werden können.

Die entsprechenden Unterlagen müssen gemäß Art. 7a Abs. 2 UWG für fünf Jahre aufbewahrt werden. Die Dokumentation muss enthalten:
• Art und Weise der Abgabe einer Werbeeinwilligung
• Inhalt und Umfang einer Werbeeinwilligung
• Daten des Einwilligenden: Vor- und Nachname, Wohnanschrift der Einwilligung (z. B. in Form einer Unterschrift), ggf. einschließlich der Rufnummer, unter der die Telefonwerbung gestattet ist
• Die zur Verwendung der Einwilligung berechtigten Personen
• Die Produkte und Leistungen für die geworben werden darf

Verstöße gegen die Dokumentationspflichten können nicht nur Bußgelder nach der DSGVO nach sich ziehen, sondern auch die Bundesnetzagentur kann Bußgelder von bis zu 50.000 verhängen. Empfehlenswert für Unternehmen ist es, für Kund*innen, die keine Werbeanrufe wünschen, sogenannte Sperrlisten anzulegen, damit unter keinen Umständen Personen kontaktiert werden, die widersprochen haben. Neben den datenschutzrechtlichen Vorgaben gibt es auch noch andere gesetzliche Verpflichtungen. Dazu gehört zum Beispiel die Rufnummerübermittlungspflicht nach § 102 Abs. 1 TKG. Weiterführende Informationen zur datenschutzkonformen Telefonwerbung finden Sie in unserem Blogbeitrag „Telefonwerbung – Wann sind Werbeanrufe erlaubt?“.

Besonderheiten bei Werbung per Post

Postwerbung ist eine traditionelle, aber weiterhin wirksame Methode, Bestandskunden zu erreichen. Hierbei gelten weniger strenge rechtliche Anforderungen im Vergleich zu digitaler Werbung. Trotzdem gibt es einige Punkte zu beachten, wie die datenschutzkonforme postalische Werbung aussehen muss.

Das Wichtigste in Kürze:

1. Absender*in muss klar erkennbar sein.

2. Es muss § 6 Abs. 1 des Digitale-Dienste-Gesetzes beachtet werden und der Empfänger oder die Empfängerin darf nicht dazu aufgefordert werden, eine Website aufzurufen, die gegen diese Vorschrift verstößt. § 6 Abs. 1 des Digitale-Dienste-Gesetzes regelt insbesondere, dass kommerzielle Kommunikationen klar als solche zu erkennen sein muss, dass Angebote zur Verkaufsförderung sowie Preisausschreiben oder Gewinnspiele gekennzeichnet werden müssen und die jeweiligen Teilnahmebedingungen leicht zugänglich sein sowie klar und unzweideutig angegeben werden müssen.

3. Nennung einer gültigen Adresse, an die eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten entsteht, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Besonders wichtig bei der postalischen Werbung ist, dass die Werbung klar als solche zu erkennen sein muss. Neu- oder Bestandskunden müssen nach dem Öffnen des Briefs sofort erkennen können, dass es sich um einen Werbebrief handelt. Für Werbung per Post ist häufig keine vorherige Einwilligung erforderlich, sondern kann auf das berechtigte Interesse gestützt werden. Dafür müssen die personenbezogenen Daten rechtmäßig erhoben worden sein und die Nutzung muss den Erwartungen des Kunden entsprechen. Die Bewertung, ob doch eine Einwilligung erforderlich ist, ist stark einzelfallabhängig. Weiterführende Informationen zum datenschutzkonformen Versand von Werbung per Post finden Sie in unserem Blogbeitrag „Datenschutz bei Newsletter und Postversand“.

Besonderheiten bei Werbung per E-Mail

Die Werbung per E-Mail ist besonders beliebt, da sie kostengünstig und effizient ist. Die Direktwerbung ist dank des sogenannten Bestandskund*innenprivilegs möglich, es sind jedoch einige Voraussetzungen zu beachten. Unter den Bedingungen des § 7 Abs. 3 UWG können Unternehmen auch ohne explizite Einwilligung Werbung an Bestandskunden senden:

1. Sie haben die E-Mail-Adresse des Kunden oder der Kundin im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung erhalten.
Ausreichend ist hier bereits der Abschluss einer Mitgliedschaft oder auch ein Austauschvertrag, zum Beispiel in Form einer kostenlosen Registrierung.

2. In Ihrer Nachricht geht es um Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen. Das ist regelmäßig erfüllt, wenn die Produkte austauschbar sind oder dem gleichen oder zumindest einem ähnlichen Bedarf oder Verwendungszweck dienen. Gegebenenfalls können auch noch Zubehör oder Ergänzungswaren dazu gezählt werden.

3. Der Kunde oder die Kundin darf nicht bereits widersprochen haben.

4. Der Kunde oder die Kundin müssen bei der Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen werden, dass er oder sie der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen. Diese Vorgabe kann einfach umgesetzt werden, indem in jeder E-Mail ein Abmeldelink eingefügt wird. So kann sich der Kunde oder die Kundin mit einem Klick abmelden.
Die Kriterien werden von den Gerichten generell sehr eng ausgelegt. Unternehmen sollten daher darauf achten, ob die Voraussetzungen im Einzelfall gegeben sind, insbesondere bezüglich der Ähnlichkeit der Produkte.

Eine ausdrückliche Einwilligung ist bei Bestandskund*innen nicht erforderlich. Aber auch wenn alle Voraussetzungen vorliegen, dürfen Sie Ihren Bestandskund*innen nicht für alle Zeiten Werbung senden. Ist der Kontakt über „einen längeren Zeitraum“ inaktiv, darf keine Werbung mehr ohne eine ausdrückliche Einwilligung gesendet werden. Ein längerer Zeitraum wurde vom LG München bereits bei 19 Monaten angenommen. Die Gerichte treffen jedoch keine positive Aussage, wie lange die Einwilligung gültig ist. Länger als 12 Monate ist in keinem Fall von einer Einwilligung auszugehen. Sollten Sie also länger als ein Jahr keinen Kontakt mehr mit ihrer Bestandskundin oder ihrem Bestandskunden gehabt haben, sollte zunächst erneut eine gültige Einwilligung eingeholt werden.

Liegen die engen Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 UWG nicht vor, müssen die Bestandskund*innen in die Direktwerbung per E-Mail ausdrücklich eingewilligt haben. Auch diese Einwilligung ist nicht unbegrenzt gültig, sondern verfällt, „nach einem längeren Zeitraum“.

Fazit 

Bei Verstößen gegen die DSGVO drohen hohe Bußgelder: Gem. Art. 83 Abs. 4 und Abs. 5 DSGVO drohen Bußgelder von bis zu 10 bzw. 20 Mio. Euro oder im Fall eines Unternehmens von bis zu 2 bzw. 4 Prozent des gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres, je nachdem, welcher der Beträge höher ist. Darüber hinaus drohen Abmahnungen, wenn z.B. die E-Mail-Werbung trotz Abmeldung von dem jeweiligen Newsletter weiter versendet wird.

Werbung bei Bestandskunden kann ein effektives Werkzeug sein, um den Umsatz zu steigern und langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen. Allerdings dürfen Unternehmen die rechtlichen Anforderungen insbesondere im Bereich des Datenschutzes nicht aus den Augen verlieren. Eine datenschutzkonforme Umsetzung ist nicht nur Pflicht und kann bei Nichtbeachtung zu hohen Strafen führen, sondern auch eine Chance, sich als vertrauenswürdiger Partner zu positionieren, der die Rechte seiner Kund*innen ernst nimmt.

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